Persönlichkeitsrechte von Personen, deren Angehörige strafrechtlich verurteilt wurden

Mit Urteil vom 15.06.2012 hat das Amtsgericht München die tz München verurteilt, an die Ehefrau eines Angeklagten ein Schmerzensgeld wegen eines schweren Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht zu zahlen, weil die tz private Urlaubsbilder aus ihrem Facebook-Account gegen ihren Willen veröffentlicht hat.

Das Urteil wurde von unserer Kanzlei erstritten.
Angehörige von Angeklagten, die wegen schwerer Straftaten verurteilt wurden, müssen sich die Veröffentlichung ihrer privaten Lichtbilder nicht gefallen lassen. Gem. § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) hat jeder Mensch das Recht, selbst zu entscheiden, ob Fotos von ihm öffentlich zu Schau gestellt werden dürfen.
Bei aktuellen Straftaten von schwerer Kriminalität hat die Öffentlichkeit allerdings ein besonderes Informationsinteresse. In diesem Fall können gemäß § 23 KUG Lichtbilder des Täters auch ohne seine Einwilligung veröffentlicht werden, weil es sich um relative Personen des Zeitgeschehens handelt. Stets muss jedoch eine sorgfältige Abwägung zwischen dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz des Betroffenen stattfinden. Der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit, die das Recht der Medien umfasst, selbst zu entscheiden, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (BVerfGE 101, 361) steht das Interesse der Person, deren Lichtbilder veröffentlicht werden, am Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihres Privatlebens gegenüber. In seiner Entscheidung vom 10.06.2009 (BvR 1107/09) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass bei schweren Straftaten unter Umständen auch die Abbildung des Täters gerechtfertigt sein kann, allerdings nur dann, wenn der Inhalt der Bilder in unmittelbarer Beziehung zur Tat steht.
Dagegen handelt es sich bei der Ehefrau eines Angeklagten in einem außergewöhnlichen Strafprozess nicht um eine "relative Person des Zeitgeschehens." Eine ohne Einwilligung erfolgte Veröffentlichung ihrer Fotos in der Presse kann deshalb eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründen.
Dem von uns erstrittenen Urteil lag zugrunde, dass die tz gemeinsame Urlaubsbilder des Straftäters und seiner Ehefrau, die diese in ihren Facebook-Account mit dem Sperrvermerk "nur für Freunde" eingestellt hatte, angekauft und anschließend veröffentlicht hat. Das Gericht sah in diesem Vorgehen einen schweren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Ehefrau und verurteilte die tz deshalb zur Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Die tz hat zunächst Berufung gegen das Urteil eingelegt, diese jedoch später wieder zurückgenommen.
Die Süddeutschen Zeitung berichtete in Ihrer Ausgabe vom 03.08.2012 über dieses grundlegende Urteil unter der Überschrift: "Die da! Boulevardblatt "tz" muss zahlen: Fahrlässiger Abdruck von Fotos"